Endlich ein guter Radsportfilm.
Strich durch die Rechnung.
Schon die ersten Bilder nehmen den Freund des Radsports gefangen. Unserer Jugend wird da in frischer und lebendiger Form gezeigt, wie sie ihre kleinen Privat-Radrennen organisiert und wie dabei die Namen unserer großen Radsportkämpen eine gewichtige Rolle spielen. Entzückend der kleine Gustl Starck-Gstettenbauer als Sohn eines Berliner Fahrradhändlers und als zukünftiger Schwager des Filmhelden Heinz Rühmann, der einen jungen Rennfahrer namens Willy Streblow spielt. Keineswegs aber darf vergessen werden, wer den Fahrradhändler darstellt: es ist Jakob Tiedtke! Wie er leibt und lebt: eine köstliche Figur. Und sein Laden erst! Man muß das gesehen haben. Der Regisseur des Films jedenfalls, Alfred Zeisler, muß sich recht viel in den kleinen Fahrradläden der Stadt herumgetrieben haben, um dieses Milieu so wahrheitsgetreu zeichnen zu können.
Heinz Rühmann alias Willy Streblow, ein lieber, gerade denkender Junge, will sein erstes großes Steherrennen gewinnen — und steht vor Schwierigkeiten. Wegen lächerlicher zwei Ersatzräder. Man weiß, was in ihm steckt, eine Fabrik umwirbt ihn, um ihn für ihre Reklamezwecke zu gewinnen. Mit dieser Aufgabe ist die Tochter des Fabrikbesitzers betraut, die ungefähr so etwas darstellt, was der echte Berliner einen „falschen Fuffziger“ nennt.
Amüsant dargestellt die Szene in der luxuriösen Wohnung des Besitzers der großen Fahrradfabrik. Die Unbeholfenheit des jungen Rennfahrers in der ungewohnten Umgebung, seine Tolpatschigkeit, die den ehemaligen Zeitungsfahrer nicht verleugnen kann. Köstlich die Empfangsszene: Streblow kommt zünftig per Fahrrad vor dem Schloß des Fabriksbesitzers vorgefahren. Natürlich wird er zuerst von dem Diener ab- und auf die Hintertreppe verwiesen. Oho, wie er da sich durchzusetzen und Geltung zu verschaffen versteht. Wie er dem livrierten und behandschuhten Diener das Fahrrad übergibt, wie er ihm die Hosenspangen in die vornehmen Hände drückt — das ist köstlich, solche Szenen möchten wir öfter einmal zu sehen kriegen.
Gut gesehen auch die Szenen, die innerhalb der Rennfahrerkreise und ihrer Manager spielen, die Schiebungen, die da unter allen Vorsichtsmaßnahmen aufgezogen werden sollen. Fritz Kampers als Schrittmacher fällt angenehm und sympathisch auf. Der dicke Manager namens Paradies wird vortrefflich von dem ewig blubbernden Otto Wallburg gespielt. Eine Type für sich! Beinahe ergreifend die Unterhaltung zwischen dem alten Champion, der das Ende seiner Laufbahn kommen sieht, und dem jungen, der drauf und dran ist, den alten noch einmal aus Warm- und Barmherzigkeit gewinnen zu lassen, um ihm einen weiteren Vertrag zu sichern.
Die alle Grenzen überschreitende Radsportbegeisterung wird am besten von dem netten kleinen Gestettenbauer verkörpert, der seinem Vater die beiden benötigten Ersatzräder klaut und sich damit in die (ebenfalls treffend gezeichnete) Laubenkolonie begibt, in der Willy Streblow mit seiner Mutter haust. Es gab später darüber von seiten des Fahrradhändlers, unseres Jacob Tiedtke, einen mächtigen Krawall, der selbst durch aufgeschlagene Sparbüchsen-Schweinchen nicht gleich zu beruhigen war.
In der letzten Hälfte des Films sieht man zwei brillant photographierte und vertonte Steherrennen auf einer „Minerva“-Radrennbahn, die sich als die Bahn in Forst in der Lausitz entpuppt. Wir wüßten keinen Film, der irgendwelche Szenen, so spannend, so aufregend, so begeisternd bringt wie dieser. Der Lärm der Motoren, die Zurufe der Manager, das Miterleben der Zuschauertribüne, das alles übertrug sich so packend auf die hingerissenen Besucher, daß keiner mehr wußte, welche Jubel- und Begeisterungsrufe, welches Anfeuerungsgebrüll und welche Pfiffe von der Leinwand kamen — oder von den Zuschauern im Theaterraum! Wenn man diesen Abschnitt des Films gesehen hat, versteht man, daß sogar der überaus zurückhaltende Filmkritiker einer Berliner Zeitung voller Begeisterung in seiner Rezension schreibt: „Man soll mit Superlativen vorsichtig sein, aber diesen »Strich durch die Rechnung« kann man ohne Anstand als den gelungensten und amüsantesten deutschen Unterhaltungstonfilm der Saison bezeichnen.“ Bis zur letzten Minute bleibt der Ausgang des Rennens spannend und nimmt das Publikum auf der Leinwand und vor der Leinwand gefangen.
Im ganzen gesehen haben wir einen prächtigen Film kennengelernt, der nicht etwa nur geeignet ist, für Steherrennen Propaganda zu machen, sondern für das Fahrrad überhaupt und insbesondere für die Gesellschaftsfähigkeit des Fahrrades. Es sollte eine Selbstverständlichkeit für jeden unserer Leser sein, sich diesen Film anzusehen. Und der Fahrradhändler soll sich nicht durch das etwas zu wenig besagende Plakat abschrecken lassen; er soll im Gegenteil zusehen, daß er möglichst viele seiner Kunden zum Besuch des Films veranlassen kann, in dem übrigens auch derjenige auf seine Kosten kommt, dessen Filmschwarm die junge Toni van Eyck ist. Hat dieser Film den verdienten Erfolg, so wird das Fahrrad öfter im Kino zu sehen sein. Und der gute Unterhaltungsfilm ist, vom Standpunkt der Werbung aus gesehen, eine Großmacht.
F. K. Z.
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