1956 bringt Albert Préjean (1894-1979), der Hauptdarsteller der französischen Version “Rivaux de la Piste“, ein Buch mit seinen Erinnerungen unter dem Titel “Sky and the Stars, The Memoirs of Albert Préjean“ in englischer Sprache heraus.
Kapitel 16 – „Motor-bike and Bicycle“ geht auch auf seinen Bezug zum Steher-Radsport, die Filmaufnahmen in Forst und Heinz Rühmann ein.
Es war schon einige Male vorgekommen, dass ich in Begleitung von Victor Linart die neue Sportart , Fahrradfahren hinter einem Motorrad, ausprobiert hatte. Linart war der ungekrönte König aller Radstrecken in Europa. Er war fünfzehn Mal belgischer Meister und drei Mal Weltmeister gewesen.
Später nimmt der sportbegeisterte und ehemalige Stuntman sogar an einem Steherrennen im Pariser „Velodrom Buffalo“. Wobei es eher um persönliche Publicity und Werbung für die Filmfirma geht.
Préjeans Chef Adolpho Osso, Besitzer der “Osso Film Company”, ist außer sich und wütend. Er hat Angst, dass dem immer beliebter werdenden Schauspieler Préjean etwas zustoßen könnte. Immerhin ist ein Steherrennen nicht ganz ungefährlich.
Ein paar Monate später kann aber der Film-Chef Osso von den Radsportleistungen seines Schützling profitieren. Es ging um einen Radsportfilm…
… Er hieß „Les Rivaux de la Piste“ und sollte in Deutschland, in Forst, gedreht werden. Osso erzählte dem Produzenten voller Stolz, er hätte einen Schauspieler, der hinter einem Motorrad radeln könnte. Er wäre der einzige Produzent der Welt, dessen Schauspieler hinter einem Motorrad herfahren!“ So kam es, dass Osso zustimmte, dass ich wieder ein Dauerfahrer werden sollte … diesmal für einen guten Zweck!
Es war 1932, und unsere Ankunft in Deutschland fiel mit Hitlers großem Expansionsprogramm zusammen. Wir wussten nicht, was all das Fahnenschwenken und die Rituale, die die Deutschen so liebten, wirklich bedeuteten. Trotzdem hatten wir ein ungutes Gefühl beim Anblick dieser schwarz gekleideten Menschen, die uns anschauten, als ob sie sich fragten, was solche seltsamen Typen in ihrem Land zu suchen hätten. Wir wohnten in Forst in einem charmanten kleinen Hotel. Wir waren ganz „chez nous“. Es war herrlich. Ich hatte zwei Pariser Radsport-Meister eingeladen, mir zu helfen: Gabriel Marcillac und Jean Brunier. Ich wollte von ihnen eskortiert werden, wenn ich vor der Kamera, hinter einem Motorrad entlang strampeln musste. Sie kannten ihren Beruf aus dem Effeff und es war beruhigend, sie um sich zu haben. Ihr Selbstvertrauen, ihre Zuversicht, war wunderbar ansteckend. Wenn sie in meiner Nähe waren, hatte ich keine Angst vor Unfällen. Ich für meinen Teil erklärte mich gerne bereit, 30 Meilen zu radeln, bevor ich zur Arbeit ging. Bei uns war auch Jacques Durnesnel, dieser exzellente Schauspieler, dieser „Gentleman“ im wahrsten Sinne des Wortes, der später, wie ich erfreut feststellte, Präsident der Schauspielergewerkschaft werden sollte. Auch Suzet Mais, Jim Gerald und Aimos waren mit von der Partie. Die französische Version des Films wurde von Serge de Poligny inszeniert.
Heinz Rühmann, ein bekannter deutscher Komödiendarsteller, spielte meine Rolle in der deutschen Version. Eines Morgens sah ich Heinz, wie er hinter einem großen Motorrad das Radfahren übte. Man musste nicht sehr sachkundig sein, um zu sehen, dass der unglückliche Schauspieler nie mehr als fünf Meilen pro Stunde auf einer Bahn hätte riskieren dürfen! Er ballte die Fäuste auf dem Lenker, saß steif im Sattel und arbeitete hart, sehr hart. Er hätte ein pflichtbewusster Schuljunge sein können, der mit herausgestreckter Zunge einige schwierige Vorbereitungen trifft.
„Es wird alles gut gehen“, versicherte er uns, als er von der Trainingsübung kam. Ich konnte nicht umhin, ihn zu warnen. „Du schlägst dir noch den Kopf an, wenn du so herum wackelst. An deiner Stelle würde ich jemanden holen, der für dich doubelt.“ Er antwortete, sehr fröhlich: „Kümmern Sie sich um Ihren eigenen Kram! Ich habe schon Schlimmeres getan!“
Leider drängte sich an „dem“ Tag eine Masse von interessierten Zuschauern auf den Tribünen. Und Heinz war eitel. Heinz hatte seinen Stolz: Er wollte nicht, dass die Öffentlichkeit sah, dass er langsamer fuhr als ich. Er gab alles. Mit ungeheurem Tempo stürmte er kopfüber um die Strecke. Was passieren musste, passierte auch.
Er stieß mehrmals gegen das Rad des Motorrads, blieb daran hängen und stürzte fürchterlich auf die Bahn.
Ich frage mich immer noch, durch welches Wunder er nicht umkam. Sie erwarteten, ihn tot vorzufinden. Aber er rappelte sich auf, grässlich bleich und verängstigt zwar, aber kaum gekratzt. Er hatte aber genug gehabt. Er war nicht sehr hartnäckig. Am nächsten Tag bat er mich, bei den Rennsequenzen für ihn zu doubeln.
Inwieweit die Erinnerungen von Albert Préjean hinsichtlich der Schwere von Rühmanns Verletzung nach dem Sturz und das Thema „Doublen“ richtig sind, wird man im Vergleich mit anderen Berichten zu dem Ereignis noch sehen. Weitere Artikel dazu werden hier noch folgen.
Festzustellen ist aber, dass Heinz Rühmann insbesondere bei der Ehrenrunde im Film wirklich sehr unsicher fährt. Die Rolle eines Radsportlers war ihm sicher nicht auf den Leib geschneidert. Albert Préjean hatte da bessere Voraussetzungen.
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