„Der Wiener Tag“ vom 16. November 1932

„Strich durch die Rechnung“

Ein Radrenn-Film mit Heinz Rühmann.

In Deutschland bringt man dem Radrennsport gewaltiges Interesse entgegen. Die Berliner Sechs-Tage-Rennen zählen zu den sportlichen Hauptattraktionen. Wie überhaupt das gewöhnliche Fahrrad in den deutschen Städten noch als Vehikel der Massen im Verkehr ist. Es scheint der Ehrgeiz jedes radfahrenden Lieferjungen zu sein, eines Tages Radweltmeister zu werden. Im Film hat man neuestens den Radfahrern wiederholt Ehre angetan. Berliner Fensterputzer zu Rad sah man erst unlängst in einem Film wettfahren. „Strich durch die Rechnung“, der jüngste Heinz Rühmann-Film, führt den Meister trockener und doch gemütvoller Komik in der Rolle eines ehemaligen Zeitungskolporteurs und dermaligen Berufsradrennfahrers vor, der sein erstes Rennen hinter Motorschrittmachern um das „Goldene Rad von Deutschland“ fahren und — gewinnen soll. Ph. L Mahring und F. Zeckendorf schrieben das Drehbuch des Films nach einer Komödie von Fred A. Angermayer. Das Milieu des Sportbetriebes mit seinen Schiebungen und Kniffen haben sie gut getroffen und, vornehmlich in einer menschlich sehr nahegehenden Szene, das Schicksal der Rennfahrer, die kaum zehn Jahre lang „oben“ bleiben und dann auch schon „unten durch“ sind, gekennzeichnet.

Da hat der Regisseur Alfred Zeisler die Gestalten des Films und ihr Tun psychologisch vertieft und manche Genre-Szene fein zugeschliffen. Die Schlichtheit der Szenenführung verbürgt die Wirklichkeitsnähe des Dargestellten. Den Verlauf des Radrennens steigert Zeisler geschickt bis zum Höhepunkt der Entscheidung. In den besten amerikanischen Sportfilmen ist das nicht spannender gemacht.

Außer Heinz Rühmann, der eine volkstümliche Type hinstellt, wie sie in den Schrebergärten an Berlins Peripherie daheim ist, behauptet sich besonders Tony van Eyck als einfaches Bürgermädchen. Hermann Speelmanns, Otto Wallburg (ein agiler und komischer Manager). Jakob Tiedtke, Fritz Kampers, Harry Hardt, Margarete Kupfer und Fritz Odemar bewähren sich aufs Neue als durchaus verläßliche, prägnante Schauspieler.

Im Ufa-Ton-Kino leitete Prof. Schmieger die Erstaufführung des Films mit launigen Erläuterungen der Radrennsport-Usancen ein.

Friedrich Porges.