„Wir haben uns damals die Winterkohlen damit verdient“

Lausitzer Rundschau – Freitag, 10. September 1999

„Wir haben uns damals die Winterkohlen damit verdient“
1932 als Statisten im Rühmann-Film dabei / ElsbethWonneberger erinnert sich

FORST / GROSS KÖLZIG. Heinz Rühmann war einer der berühmtesten Gäste der Forster Radrennbahn. Für Dreharbeiten zum Spielfilm „Strich durch die Rechnung“ besuchte er im August 1932 die Stadt Forst. Bestens daran erinnern kann sich Elsbeth Wonneberger aus Groß Kölzig. Schließlich war sie mit dabei.

„Wir haben uns mit diesem Film die Winterkohlen verdient“. Wie oft mag Elsbeth Wonneberger in den letzten sechs Jahrzehnten davon erzählt haben? Ihren Kindern, Enkeln, Urenkeln.
„Wir waren damals schon drei Jahre verheiratet, mein Richard und ich. Es war eine schwere Zeit“, erinnert sich die heute 90-Jährige. „Wir waren beide arbeitslos, wie eben so viele, und unser erstes Kind war unterwegs. Ja, es war eine schlimme Arbeitslosigkeit damals.“

Als dann Statisten für den Film „Ein Strich durch die Rechnung“ gesucht wurden, wollte sich natürlich jeder ein paar Mark dazuverdienen. „Wir hatten großes Glück“, sagt Elsbeth Wonneberger. „Meine Schwiegermutter wohnte in Forst, in der Sorauer Straße 32. Und in diesem Haus wohnte auch der Mann, der verantwortlich war fur das Einstellen der Statisten.“
Klar, dass Mutter Wonneberger die Gelegenheit beim Schöpfe packte. Sie brachte ihre Kinder ins Gespräch. „Er sprach uns an. Wir sagten natürlich sofort zu. Und er hat uns dann vermittelt.“

August 1932. Brütende Hitze. Menschengewimmel auf der Forster Radrennbahn. „Und Unmengen Schauspieler“, sagt Elsbeth Wonneberger. Und natürlich hat sie Heinz Rühmann gesehen, „mehrmals sogar. Der ist ja die letzte Runde gefahren, mit dem Siegerkranz. Das war für Rühmann gar nicht so einfach.“

Ein Autogramm hat sie sich nicht geben lesen. „An so etwas habe ich überhaupt nicht gedacht, damals. Mir machte die Hitze so zu schaffen, ich war ja im fünften Monat schwanger. Ja, unsere erste Tochter Rosegund war in gewisser Weise also auch schon mit dabei bei den Filmarbeiten. Das lange Stehen und die hochsommerlichen Temperaturen, ein Vergnügen war es nicht immer für mich. Ich hatte ganz schöne Schwierigkeiten, die Filmerei durchzustehen. Es war eine harte Arbeit.“

Vier Tage lang wurde in Forst auf der Radrennbahn gefilmt. Das große Ereignis für die Forster damals.
Vier Tage lang standen Elsbeth und Richard Wonneberger mal hier, mal da vor der Bahn, jubelten laut, klatschten, bis ihnen die Hände davon weh taten. spielten Begeisterung.
„Sonst bin ich eigentlich nie zu Radrennen gegangen. Wir haben mitgemacht, weil es etwas zu verdienen gab. Die Zeiten waren ja schlimm damals.“ Pro Tag gab es zehn Mark pro Statist. „Das war damals viel Geld. Und außerdem haben wir ein richtiges Mittagessen bekommen. Aus der Gulaschkanone.“
Jubeln und klatschen auf Bestellung, stundenlang unter brütender Sonne stehen und begeistert sein – dem Ehepaar Wonneberger hat das immerhin zusammen 80 Reichsmark eingebracht.
„Damit konnten wir die Kohlen für den nächsten Winter bezahlen“, erzählt Elsbeth Wonneberger, die sich im Film „Ein Strich durch die Rechnung“ nicht als Gesicht wiedergefunden hat. „Der Film war mir im Grunde genommen nicht wichtig. Wir mussten zusehen, wie wir uns über Wasser halten. Wir brauchten dringend Geld.“
Eigentlich hätten Wonnebergers diese Summe wenige Monate später noch einmal gebraucht. „Ich wurde im Dezember in Forst entbunden. In der Privatklinik Dieminger. Entbindung und Verpflegung, das hat zusammen 70 Mark gekostet.“

Ingrid Ebert