„Forster Tageblatt“ – Donnerstag, 18. August 1932

Schlußtage auf der Minerva-Bahn

Rühmann fährt die Ehrenrunde – Der mutige Speelmans – Ufa-Planschbecken – Der Filmtraum ausgeträumt.

Es geht zu Ende mit der Filmtätigkeit der Ufa auf der Rennbahn. Schade, sehr schade! War es doch hochinteressant. Alfred Zeißler und seinem Stabe bei der anstrengenden Arbeit zuzuschauen und einen kleinen Einblick zu gewinnen in die mühevolle Tätigkeit der Filmleute und den gewaltigen Apparat, den eine solche Firma, wie die „Universum-Film AG“ für die Aufnahmen in Bewegung setzt. Auch dem filminteressierten Laien ist durch die hiesige Aufnahmearbeit der Ufa klar geworden, daß hier Arbeit in konzentrierter Form geleistet wird, und mit bedingungsloser Übereinstimmung muß wohl jeder die Leistungsfähigkeit und die achtungsgebietende Großzügigkeit der Ufa feststellen.

Dieser Tage filmte man die Schlußszene. Heinz Rühmann fuhr die Ehrenrunde, begrüßt mit lauten Bravorufen seitens der „Geräuschkulisse“. Von den begeisterten Forster Straßenfahrern wird er vom Rade gehoben. Mit Blitzesschnelle stürmt Toni van Eyck über die Barriere, während das Klettern dem guten Jakob Tiedtke etwas schwer fällt. Aber er schafft´s! In der Kurve kippt der Rivale Rühmanns, der „Rennfahrer“ Speelmans beim Winken um und landet etwas unsanft auf dem Zement. Doch mutig besteigt er die Rennmaschine und fährt ruhig weiter, von der gesamten Komparserie mit nicht enden wollenden Zurufen empfangen. Kenner meinen: eine grandiose Leistung! Dann müssen die Fahnen herunter. Das Trainingsfahren beginnt. Traurigen Auges sehen manche Zuschauer dem „Abbau“ zu und denken: Ist die Herrlichkeit schon zu Ende? Doch schon ertönt Ruf: „Fahnen wieder auf die Masten!“ Die Fliegerrennen werden gedreht. Auch die Trickaufnahmen, wobei die Ehrenrunde Rühmanns automatisch von der Stehermaschine aufgenommen wird, gestaltet sich äußerst interessant.

Und dann die Mittagspause. Zum Malxe-Strombad geht es; kurz „Ufa-Planschbecken“ genannt. Hier kommt alles zusammen, was irgendwie mit der Ufa zu tun hat, und es ist ein quicklebendiges Völkchen, daß sich hier zusammenfindet. Im Mittelpunkt steht natürlich Alfred Zeißler, auch hier die Ruhe und Besonnenheit selbst. Freund Kagelmann bringt Fröhlichkeit und Stimmung in das bunte Badeleben. Toni van Eyck, Rühmann, Speelmans und wie die Größen alle heißen, sind auch mit von der Partie. Wasserscheue gibt es auch, doch ihre Namen wollen wir verschweigen, umso mehr, als sie Besserung gelobt haben. Vielleicht ist es auch besser so, um ein Überfluten des „Planschbeckens“ zu verhindern. Lustige und humorgewürzte Worte fliegen wie kleine, bunte Bälle hin und her, und das Wasser gleicht einem Moorbad-Tümpel, aber es bringt doch Abkühlung. Ausgelassene Fröhlichkeit ist die Losung, bis der ernste Dienst zu neuen Aufnahmen ruft. Abends geht´s dann nochmals zum Baden nach dem Turnverein 1861, wo, nebenbei gesagt, die Anwesenheit der Ufa-Leute eine „gewisse“ Anziehungskraft ausübt. Filmzauber!

Im Garten der Rennbahn-Gaststätte sitzt an langen Tischen die gesamte „Komparserie“ und labt sich an dem schmackhaften Mittagessen; es gibt Brühe und Würstchen. Zug um Zug wandert in den Magen, indessen die Sonne unbarmherzig durch das Blätterdach sticht – in Kagelmanns Kabine konnte man Kuchen backen – , und Müdigkeit sich überall bemerkbar macht. „Am besten ist´s, wir gehen auch zur Ufa“, meint Maxe und brennt sich die letzte Juno an, „den Trick haben wir ja durch unsere „Mitarbeit“ schon so ziemlich weg.“ Dann gibt es aber neue Filmgesichter in Neu-Babelsberg und Werdegänge, wie sie wohl häufig im Film geschildert werden, aber im Leben nur selten vorkommen.

Gestern wurden noch die Eingänge zur Rennbahn gefilmt und damit wird wohl die Tätigkeit der Ufa im Großen und Ganzen beendet sein. Manche Hoffnung wandert mit den Scheidenden. Doch bis zum Filmstar ist ein weiter, dornenvoller Weg und nur „Sonnenkinder“ soll es vorbehalten sein, dies Ziel zu erreichen. Also Sonnenkinder an die Front.

Vorüber sind die Filmtage, die für Forst und seine Umgebung eine Sensation gewesen sind, und die – auch das soll nicht vergessen sein – Forst eine erhebliche wirtschaftliche Belebung gebracht haben. Wir sind fest davon überzeugt, daß auch Alfred Zeißler mit den Seinen die besten Eindrücke von unserer Stadt mitnimmt. Hoffentlich ist dieser Besuch nicht der letzte gewesen. Munkelt man doch schon von Aufnahmen auf der Wehrinsel, und wie wäre es mit einem „Urwaldfilm“? Jedenfalls aber auf Wiedersehen zur Premiere des Films „Strich durch die Rechnung“ in Forst!