„Forster Tageblatt“ – Donnerstag, 28. Juli 1932

Das Forster Tageblatt berichtet über die Ereignisse zu den Filmaufnahmen auf der Radrennbahn in Forst. Zwischen dem 28. Juli und dem 18. August 1932 erschienen insgesamt acht Artikel. Sie gehören zu den wichtigsten Belegen im Rahmen unserer Forschungen zu den Filmen “Strich durch die Rechnung/Rivaux de la Piste“. Es gibt Indizien, dass es sich bei dem Journalisten um Karl Tittel handeln könnte. Neben seinen Zeitungsberichten haben wir ihm noch etwas Besonderes zu verdanken. Doch dazu später mehr auf dieser Webseite.

  • Forster Tageblatt, 28. Juli 1932

Die Ufa-Fahne weht!

Rühmann und Kampers trainieren auf der Rennbahn.

Seit gestern weht die Ufa-Fahne am Hotel Kade. Forst ist „Filmstadt“ geworden. 96 Filmleute haben in den Hotels unserer Stadt Quartier bezogen. Schauspieler und Techniker, Franzosen und Deutsche. Im Hotel Pittius wohnt der Leiter des Ganzen, der Oberbefehlshaber Alfred Zeisler, Rühmanns brauner Dackel zeigt an, daß auch sein Herr nicht weit ist, und Fritz Kampers – er ist heiser, der Arme – fragt trotzdem laut und vernehmlich im schönsten Bajuvarisch nach dem nächsten „Beisl“. Dem Manne kann geholfen werden. Wir haben ja auch „bei uns in Forschte“ noch Lokale, die ob ihrer Urwüchsigkeit Renommee besitzen. Also gehn ma.

Aber erst heißt´s noch “Ach bitte, ein Autogramm“. Die Forster „reifere Jugend“ hat schnell spitz gekriegt, wo die Helden der Leinwand zu finden sind und ahmt mit überraschender Fixigkeit die Sitten der Filmwelt nach.

Auf dem Marktplatz steht um Mitternacht ein Mann, der sonst mit dem Kennwort „kaltschnäuzig“ absolut treffend gekennzeichnet ist und – macht in Lyrik. Dichtet Dithyramben auf „eine platinblonde Frau“. Hoffnungslos der Fall. Also auch diese Folgen der „Flimmerei“ sind schon da. Wer sagt da noch, daß wir keine Filmstadt wären? Bitte sehr: „Bei uns in Forschte“ …

Draußen auf der Rennbahn herrscht reges Leben. Man muß das Kommen und Gehen der Schaulustigen gesehen haben, die mit anscheinender Kennermiene die eleganten Formen und Linien der vielen Autos mustern, die mit sachkundigen Blick von den Kurven herab feststellen, daß Rühmann unbedingt schneller fahren muß, wenn er Aussichten auf eine Chance haben will. Tempo, Tempo, Tempo, schneller, schneller, so rufen die halbwüchsigen Mädels und Jungen dem „Matador“ nach. Aber Rühmann fährt ruhig weiter, hält tapfer durch, eine Runde, zwei Runden, – bei der sechsten Runde gibt er auf. Mit Beifallklatschen wird er vom Regiestab empfangen. Er ist bescheiden, der kleine Rennfahrer, mit erhabenem Lächeln winkt er ab, als wenn er sagen wolle: Tut man nicht so, als ob …!

Überhaupt hat das Leben auf der Rennbahn einen gewissen internationalen Anstrich bekommen. Französische und deutsche Laute flattern in einem unentwirrbaren Sprachengemisch durcheinander. Auf der Tribüne ist ein reges Leben und Treiben. Alte Bekannte werden begrüßt, immer neue Darsteller beider Versionen treffen ein. Begrüßungsworte werden ausgetauscht: Bon jour, bon jour – Guten Tag, mein Lieber, wie geht es Ihnen! Très Bien – Sehr gut, sehr gut!

Der Produktionsleiter – militärisch ausgedrückt „Oberbefehlshaber“ – Alfred Zeisler unterhält sich gerade über einige regietechnische Fragen mit seinem Aufnahmeleiter Grau. An der Steilkurve bemerken wir den französischen Regisseur Serge de Poligny, der dem Kameramann Brandes die Führung der Kamera für eine bestimmte Aufnahme erklärt, soeben kommt der „Verantwortliche“ für den Ton, Herr Kagelmann dazu, dem wir bei der nächsten Gelegenheit einen Besuch in seinem Tonwagen abstatten werden. Die ersten Aufnahmen sollen im Laufe des heutigen Tages gedreht werden.