Schon vor einiger Zeit sind wir bei den Forschungen zu „Strich durch die Rechnung/Rivaux de la Piste“ auf einen ungewöhnlichen Vorgang in Kairo (Ägypten) gestoßen.
In zwei Fußnoten des Buches „Die diplomatischen Beziehungen Deutschlands zu Ägypten, 1919-1936“ (siehe google books) wird auf einen Boykott der französischen Filmfassung durch jüdische Demonstranten hingewiesen.
Der deutsche Gesandtschaftsrat Dr. Pilger berichtete am 1. Juni 1933 an das Auswärtige Amt: „Auch ich habe einen Vorfall in dem hiesigen Kinotheater “Metropol“, wo durch jüdische Provokateure die Leitung des Theaters gezwungen wurde, den deutschen Film “Rivaux de la Piste“ vom Spielplan abzusetzen, zum Anlass genommen, um den stellvertretenden Außenminister nicht allein von diesem in Kenntnis zu setzen, sondern ihn auch darauf aufmerksam zu machen, das weitere Ruhestörungen zweifellos zu erwarten seien, wenn nicht endlich der jüdischen Hetze ein Ende gemacht werde.“
In einem weiteren Schreiben vom 21.Juni 1933 schreibt Dr. Pilger weiter:
In der Praxis sah diese Aktion so aus: Als sie (die Kinobesitzer) trotzdem den Film “Strich durch die Rechnung“ (französisch „Rivaux de la Piste“) zur Vorführung brachten, kam es in und um dem Saal zu Demonstrationen, die die Besitzer zwangen, den Film mitten in der Woche vom Spielplan abzusetzen.
In der Zwischenzeit haben wir nun eine weitere Quelle zu diesem Vorgang gefunden. Die in Frankreich erschienene jüdische Zeitung „L`Aurora“ berichtet am 1. Juni 1933 unter der Überschrift:
Gegen die deutschen Filme
Es ist nicht ohne Interesse der jüdischen Öffentlichkeit von der schönen Demonstration gegen den deutschen Film zu berichten, die sich am Sonnabendabend im Kino Métropole abspielte.
9.30 Uhr abends wollten einige junge Leute an der Vorführung des Films „Les Rivaux de la Piste“ teilnehmen, ohne zu wissen, dass es eine deutsche Produktion ist. Sie traten ein, um sich den Film anzuschauen. Aber schon nachdem die ersten Zeilen vom Titel und die Marke UFA erschienen, stießen die jungen Leute völlig spontan, mit einem reinen Gefühl der Empörung, vehemente Schreie gegen die Vorführung des Films aus und forderten ihn auszutauschen.
Man hörte plötzlich von allen Seiten einsetzendes Klatschen und der Gesang der Hatikvah (Anm. Nationalhymne von Isreal) ersetzte die Vorführung des Films. Schließlich wurde der deutsche Film an jenem Abend nicht gezeigt.
Am nächsten Tag wollte die Leitung des Kinos die Wiederholung dieser Vorfälle vermeiden und forderte die Unterstützung durch die Polizei an. Durchgesetzt von dieser Bewachung, war es am Sonntagvormittag schließlich möglich, den deutschen Film zu zeigen, trotz vehementer Proteste, die sich im Inneren abspielten, verursacht von einigen jungen Leuten, die nicht zögerten ziemlich zeitig vor Ende des Films zu gehen und dabei die anderen Zuschauer erheblich störten.
Da trotz allem die Turbulenzen erheblich waren, sah sich die Kinoleitung gezwungen die Entscheidung zu fällen, die sich schon von Beginn an aufdrängte, nämlich der Öffentlichkeit kundzutun, dass der UFA-Film nicht mehr am Abend gezeigt und durch einen fröhlichen französischen Trickfilm „L’Ane de Buridan“ (Buridans Esel) ersetzt würde.
Wir hoffen, dass diese Demonstration der Solidarität des ägyptischen Judentums die Augen unserer Glaubensbrüder geöffnet hat über die Risiken, die es mit dem Umgang mit den Deutschen gibt und ebenso, dass sich ein ähnlicher Fall nicht wiederhole.