„Strich durch die Rechnung“ ist nicht der einzige UFA-Film, bei dem bei den erhältlichen Filmkopien einige Minuten Ton fehlen. Auch beim Film „Ich bei Tag und Du bei Nacht“, erschienen 1932 und in den Hauptrollen Willy Fritsch und Käthe von Nagy, fehlen 2 Minuten Ton.
Auf der im Handel erhältlichen Fassung prangt vor dem Vorspann des Films eine Hinweistafel mit folgenden Wortlaut: „1973 erhielt das Bundesarchiv eine Nitrozellulosekopie erster Generation vom Gosfilmofond of Russia. Sie war Grundlage für die in Deutschland kursierenden Archivkopien. 2014 wurde sie in 2K-Auflösung von der Friedrich-Wilhelm-Murnau-Stiftung digitalisiert.
Im ersten Teil des Films fehlt in einer Szene über eine Dauer von zwei Minuten Ton. Diese wurde mit Hilfe eines Filmprogramms des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum untertitelt.“
Interessant in diesem Zusammenhang ist, daß dem Bundesarchiv der Film von russischer Seite angeboten wurde. Das lässt darauf schließen, daß dieser Film – wie vermutlich viele andere auch – nach Ende des 2. Weltkrieges als Beutekunst unfreiwillig den Besitzer wechselte.
Die DEFA-Stiftung berichtet auf ihrer Homepage in einem Artikel von Volker Baer, erschienen im filmdienst 16/1995, „daß sich auch ein nicht geringer Teil des ehemaligen Reichsfilmarchivs noch immer in russischer Hand befindet. Zu den 200000 Museumsobjekten, den zwei Millionen Büchern und drei Kilometern Archivmaterial, über deren Rückführung eine deutsch-russische Kommission verhandelt, gehören ohne Zweifel auch die 4.500 Filmkopien, die Wochenschauen in unbekannter Zahl und die filmhistorisch wichtigen Drehbücher, die noch immer in Moskau lagern.“
Den ausführlichen Beitrag lesen Sie auf der Homepage der DEFA-Stiftung unter folgendem Link: https://www.defa-stiftung.de/defa/publikationen/artikel/161995-film-als-beutekunst/
Kreml-Experten haben darüber hinaus herausgefunden, daß sich Stalin sehr für die Propagandafilme der Ufa interessiert haben soll.
Bleibt trotzdem die Frage – wo ist der gute Ton abgeblieben? Gingen die Tonspuren beim Abtransport der Kriegsbeute verloren oder wurden sie nachträglich beim Kopieren manipuliert? Bei o.g. Nitrozellulosekopie erster Generation dürfte es sich vermutlich um eine Kopie direkt vom Masterband handeln. Dann könnte der Fehler des fehlenden Tons auch beim Ausgangsmaterial liegen.
Viel wichtiger ist allerdings, daß über eine Rückgabe der Beutekunst verhandelt wird. Auch wenn sich die Verhandlungen schon seit Jahrzehnten hinziehen, am Ende sollte das gesamte sich im Ausland als Beutekunst befindliche deutsche Filmerbe wieder zurück in das Herstellungsland verlagert und der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden – egal, wie gut oder schlecht der Ton ist.
Kleiner Film-Fakt am Rande: der Film „Ich bei Tag und Du bei Nacht“ wurde sogar in drei Sprachversionen gedreht. Neben der deutschen Fassung gibt es eine französische und eine englische Version. Käthe von Nagy, die in „Strich durch die Rechnung“ in einer klitzekleinen Sequenz sich selbst spielt, hatte bei „Ich bei Tag und Du bei Nacht“ wesentlich mehr zu tun – sie spielte sowohl in der deutschen als auch in der französischen Fassung die Hauptrolle!
Zum fehlenden Ton … „Dieser wurde mit Hilfe eines Filmprogramms des DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum untertitelt.“ … Alle Achtung! Uns gelang es trotz Zugang zu einem originalen Drehbuch nicht, die fehlenden 10 Minuten Ton bei „Strich die Rechnung“ vollständig zu rekonstruieren. Wie soll so etwas allein mit einem Filmprogramm gelungen sein?
Einen interessanten Nachweis, daß dieser Film sogar in drei Versionen von der UFA gedreht wurde, fand ich hier.
https://www.difmoe.eu/d/view/uuid:134d8ed0-56ee-11e0-ba1b-000d606f5dc6?page=uuid:ab133ef0-48c4-11e0-87ff-000d606f5dc6&fulltext=R%C3%BChmann%20Tony