- Forster Tageblatt, 28. Juli 1932 – „Die Ufa-Fahne weht!“
- Forster Tageblatt, 29. Juli 1932 – „Hochbetrieb auf der Rennbahn“
- Forster Tageblatt, 30. Juli 1932 – „Ein Unfall auf der Radrennbahn“
- Forster Tageblatt, 05. August 1932 – „Ein Tag der Komparsen“
- Forster Tageblatt, 06. August 1932
Die Rennleitung wird gefilmt.
Käthe von Nagy gibt den Startschuß ab. – Heinz Rühmann wieder in Form. – „Bubi“ interviewt.
Fragen, Rufen, Flüstern im Ufa-Zweigbetrieb auf der Rennbahn. Alles steckt die Köpfe zusammen und die Augen haben nur ein Ziel: Käthe von Nagy! Vor einer knappen Stunde ist sie im schnittigen Wagen – Kenner stehen davor und schätzen ihn, kommen aber zu keiner Einigung, und der Chauffeur sieht nicht ein, warum er hier helfend eingreifen soll – aus Berlin gekommen, um wie es im Manuskript heißt, mit „abgewandtem Gesicht und zusammengekniffenen Augen“ den Startschuß abzufeuern. Also, mein Lieber, die Geste war durchaus keine Angst vor der Knallerei, sondern es mußte so sein! Mayring und Zeckendorf schreiben es im roten Buch (Drehbuch) vor und damit basta.
Zunächst gibt es eine kleine Enttäuschung: Käthe von Nagy ist ja blond! Wir haben sie uns immer schwarz vorgestellt. Dank also dem edlen Produktionsleiter Alfred Zeißler, daß er durch die Wahl der „Minerva-Bahn“ Forst diesen Irrtum aufgeklärt hat. Was wäre nur geworden, wenn die Forster in diesem Irrtum weiter verharrt hätten. Nun ist „Sie“ da! Sie steht im Innenraum der Rennbahn , in einem weißen Sommerkleid aus Strickerei, mit hochstehendem Schalkragen und kleinen Fliegerärmeln. Dazu ein passender Hut, weiße Handschuhe, roten Gürtel und rote Schuhe. Also alles in „Weiß-Rot“ – unsere Brandenburger Farben! Wie nett, nicht wahr? Noch wimmelt es um die “blonde Käthe“ – nun können wir sie getrost so nennen – von Autogrammsammlern. Nun, das ist ein Kapitel für sich. Mit dicken Büchern bewaffnet und gezückten Bleistiften – wer keinen hat borgt sich einen! – eilen sie hier und dort hin und lassen zeichnen: Filmgrößen ersten, zweiten, dritten Grades, sogar Forster Damen müssen zum Geben ihres Namenszuges herhalten! Und sie tun es gern, denn es ist so „filmisch“ schön …
Es knallt! – der Startschuß ist abgefeuert. Neben dem berühmten Filmstar, wir trauen unseren Augen kaum, Onkel „Ali“ aus Forst als „Rennbahndirektor“. Donnerwetter, die Pose und der Augenaufschlag! Wir freuen uns schon heute, den „Rennbahndirektor“ in den Kammer-Lichtspielen zu sehen. Natürlich wird er doch dann „persönlich“ anwesend sein!
Unser Blick geht weiter und streift den weiten Innenraum. Bunt das Bild, das sich dem Beschauer bietet. Im friedlichen Durcheinander finden wir alle Hauptdarsteller des Films „Strich durch die Rechnung“. Heinz Rühmann ist wieder hergestellt, Dank der guten Pflege im Waldschloß „Pohsen“. Die Hautabschürfungen am rechten Unterarm erinnern noch an seinen fatalen Sturz, doch kühn besteigt er die Rennmaschine – allerdings nur zu einem kurzen Spurt. Dann weiter Otto Wallburg als Manager und Jakob Tietdke; letzterer liegt im Grase und liest schöngeistige Romane. Soeben hat ihn das Objektiv eines Photoapparates erfaßt. Gute Entwicklung Gnädigste! Fritz Kampers mimt den Schrittmacher Nr. 5, Harry Hardt und Speelmans stehen in ihren Renntrikots in lebhafter Unterhaltung im Hintergrunde, während Ludwig Stößel und Fritz Odemar Autogramme zeichnen. Auch unsere Filmdiven sind da: Tony van Eyck, Flockina von Platen und Margarete Kupfer, die Gräfin aus dem „tanzenden Kongress“. Und da lehnt noch jemand im Liegestuhl, zierlich und elegant, reizend und lebendig: Lien Deyers! Und an ihrer Seite? – Mal raten – – der Chef des Stabes: Alfred Zeißler. (Die beiden sind nämlich ein Ehepaar.) Auch Otto Wallburg ist in der Nähe. Den weiteren Raum bevölkern Rennfahrer deutscher und französischer Nation.
Man wartet auf Sonne, nach der man am Vormittag vergeblich verlangt hat. Da … ein Sonnenstrahl, Bewegung kommt in das Bild … helle Begeisterung herrscht. Brandis kommandiert: „An die Plätze! Schrittmacher abfahren! Bahn frei!“ Schon puffen die Motoren los. Kagelmann sucht seine schallsichere Kabine auf. Brrr, wie eng ist´s darin. Doch Freund Kagelmann trotzt der Enge. Sein goldener Humor reißt mit, auch wenn er zur „Fechterschaft“ baden geht und zwei Mann Hilfestellung im Wasser braucht. Dieses Mal handhabt der „Ufa-Toni“ die Klappe – mit Würde und Grazie. Ich glaube, er hat allerlei geheime Absichten? – Hollywood und Los Angeles ist nur ein Katzensprung! Man kann nie wissen.
Dieselbe Aufnahme vom Startschuß und der gesamten Rennleitung mit den „Kameramännern“ wird nun von der anderen Seite gefilmt, um den Anschluß zu bekommen. Grau dirigiert die Komparsen, zu denen sich dieses Mal eine große Anzahl „Freiwillige“ gesellt. Sein Ruf: „Alles was hier unten steht, bitte ich, auf der Tribüne Platz zu nehmen“, verursacht ein heilloses Gedränge. Jeder will vornehmlich in der ersten Reihe sitzen und ich traue kaum meinen Augen! Nur Prominente sind zu schauen, holdselig lächelnd: „ Wir werden gefilmt.“ Also Haltung und ein bezwingendes Lächeln. Schon ist die Aufnahme fertig. Die Stadtkapelle intoniert den „Rennfahrermarsch“, für den Film eigens komponiert vom Ufa-Kapellmeister Borgmann. Leise summen die Franzosen die Melodie mit; denn der Marsch hat auch untergelegten Text.
In der Loge hat Käthe von Nagy Platz genommen, Bubi kommt und begrüßt die Filmschauspielerin mit kräftigem Handschlag, und es entspinnt sich mit dem Achtjährigen folgendes Gespräch.
„Na, Kleener, gehst Du gern zur Schule?“
„Nein, ich habe lieber Ferien.“
Lachen, nein, Verzeihung, „süßes“ Lächeln; sodann erfolgt die Antwort:
„Kann ich mir denken. Wo wohnst Du denn?“
„Bei meiner Tante.“
„So, bei Deiner Tante. Ist sie schon alt?“
„Freilich, ich glaube 810 Jahre.“
Erneutes Lächeln und das Interview ist zu Ende, nachdem noch Bubi keck und mit großer Kaltschnäuzigkeit eine Aufnahme von dem schönen Filmstar gemacht hat.
Die Aufnahmen wurden infolge des bewölkten Himmels abgebrochen. Sie sollen bei schönem Wetter am Sonntagvormittag wieder aufgenommen werden. Vor der Rennbahngaststätte stehen zwei Sextanerinnen. Emsig und mit feurigen Wangen zählen sie ihre gesammelten Autogramme. Eva geht dabei mit einem deutlichen Vorsprung durchs Ziel, aus bekannten Gründen hatte sie es auch leicht, und traurig meint Käte, es wäre „Schiebung“.
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